Der steigende Wohnungsbedarf sorgt in vielen Regionen für erheblichen Baudruck. Besonders in Ballungsräumen wächst der Druck auf verfügbare Flächen, während die Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum weiter steigt.
Der wachsende Wohnraumbedarf führt zu einem steigenden Baudruck, doch nicht jede Fläche sollte leichtfertig bebaut werden. Viele unerschlossene Gebiete sind nicht nur potenzielle Bauflächen, sondern wertvolle Natur- und Lebensräume, die es zu bewahren gilt.
Naturnahe Landschaften, artenreiche Wiesen und Wälder spielen eine essenzielle Rolle für das ökologische Gleichgewicht. Sie bieten Lebensraum für bedrohte Tier- und Pflanzenarten, regulieren das Klima und dienen als Erholungsräume für Menschen. Jede neue Versiegelung bedeutet den Verlust natürlicher Rückzugsorte und kann langfristig negative Folgen für die Biodiversität und das lokale Klima haben.
Die betroffene Fläche bestand aus 143 Streuobstbäumen im Verbund mit einer geschützten mageren Flachlandwiese (FFH-Lebensraumtyp 6510).
Das Landratsamt Böblingen erteilte dennoch die Umwandlungsgenehmigung, da gravierende öffentliche Interessen (Wohnungsbedarf) überwiegen würden.
Die Stadt legte Studien vor, die eine hohe Wohnungsnachfrage belegen sollen, darunter Prognosen von Bertelsmann Stiftung und Pestel-Wohnmonitor.
Bedeutung des Streuobstbestands:
Laut § 33a Abs. 2 NatSchG (Naturschutzgesetz Baden-Württemberg) soll die Genehmigung in der Regel versagt werden, wenn der Streuobstbestand erhaltenswert ist.
Das Gericht entschied jedoch, dass ein „atypischer Fall“ vorliege, da die Stadt keinen alternativen Standort für das Bauvorhaben finden konnte.
Interessanter Umkehrschluss:
Das bedeutet, das Weil der Stadt nur noch um die geplanten 1000 Menschen wachsen wird.
Anschließend ist kein weiteres Wachstum möglich - also im Großraum Weil der Stadt kein
weiteres Baugebiet möglich?
Wie sehen wir die Bedeutung für den Naturschutz?
Das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (VGH) hat eine weitreichende Bedeutung für den Naturschutz,
da es eine Entscheidung in einem Fall mit hoher Schutzstufe trifft und öffentliche Interessen gegen Naturschutzbelange abwägt.
Es zeigt, dass selbst streng geschützte Gebiete unter bestimmten Bedingungen trotz klarer
naturschutzrechtlicher Schutzvorgaben umgewandelt werden können.
1. Schutzstufe des betroffenen Gebiets
Der Streuobstbestand gehörte zu einem Gebiet, das als mageres Flachland (FFH-Lebensraumtyp 6510) eingestuft war, was einen gesetzlich geschützten Biotoptyp nach § 30 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) bedeutet.
Solche Gebiete haben grundsätzlich einen sehr hohen Schutzstatus, da sie seltene Arten und Lebensräume beinhalten.
Das Naturschutzgesetz Baden-Württemberg (§ 33a Abs. 2 NatSchG) sieht explizit vor, dass eine Umwandlung von Streuobstwiesen in der Regel zu versagen ist, wenn sie von hoher naturschutzfachlicher Bedeutung sind.
Problematische Signalwirkung für den Naturschutz?Das Urteil zeigt, dass selbst hoch geschützte Naturflächen nicht unangreifbar sind, wenn wirtschaftliche oder gesellschaftliche Interessen (wie Wohnungsbau) als übergeordnet bewertet werden.
Es setzt einen Präzedenzfall, dass Gemeinden mit ausreichend plausibler Wohnraumbedarfsprognose solche Flächen bebauen dürfen.
Ein besonders kritischer Punkt ist, dass das Gericht den Nachweis eines „hohen Wohnraumbedarfs“ und die Art des Wohnraumes nicht exakt quantifiziert hat – ein eher schwammiges Kriterium könnte künftig zur leichteren Umgehung von Schutzvorschriften führen.
Rolle der Alternativenprüfung – Schwächung des Naturschutzes?Der Antragsteller (VLAB) argumentierte, dass andere Flächen nicht ausreichend geprüft wurden.
Das Gericht hielt die Suche der Stadt für ausreichend und akzeptierte, dass keine geeignete Alternativfläche für das Vorhaben existiere.
Dies zeigt, dass Gemeinden sich in Zukunft auf eine weitgehende Planungsautonomie berufen können, selbst wenn Naturschutzgebiete betroffen sind.
Dies könnte als Schwächung des Schutzgedankens interpretiert werden, da selbst Alternativen im Landkreis nicht umfassend geprüft werden mussten.
Das Urteil könnte weitere Umwandlungen geschützter Naturflächen erleichtern, insbesondere wenn Kommunen Wohnraumbedarf geltend machenund könnte ein Argumentationsmuster für weitere Bebauungsprojekte liefern:
Zusammenfassend bedeutet das Urteil für den Naturschutz eine Schwächung des Schutzgedankens: Wenn selbst ein FFH-Lebensraum ausnahmsweise geopfert werden kann, könnten auch andere Schutzgebiete langfristig gefährdet sein.